Zwei Größen des iranischen Kinos fallen Corona zum Opfer
Am 22. Und 24. November dieses Jahres verlor die iranische Kinowelt zwei Größen: den erfahrenen Synchronsprecher und Schauspieler Changiz Jalilvand und den Regiebuchautor und Regisseur Kambuzia Partovi. Beide erlagen einer Ansteckung mit Covid 19.

Die Kunst des Synchronsprechens wird schon seit über 70 Jahren im Iran gepflegt und Irans Synchronsprecher zählen zu den besten international. Changiz Jalilvand ist allen Freunden des Kinos ein Begriff. Er war eine der begehrtesten Stimmen für die Synchronisierung von ausländischen Filmen. Vertreter von großen internationalen Filmunternehmen haben sich sogar ausbedingt, dass er anstelle der bekannten Stars in ihren Filmen spricht, da sie ansonsten deren Vorführung im Iran nicht erlauben würden.
Changiz Jalilvand wurde 1938 in Shiraz geboren. 1957 begann er seine künstlerische Tätigkeit auf der Theaterbühne. 1978 wurde er als internationales Beispiel für erfolgreiche Synchronsprecher vorgestellt.
Jalilvand hat in einem Gespräch über seine Begeisterung für die Tätigkeit als Synchronsprecher, die bereits in seiner Jugend bei ihm erwachte, gesagt: „Die Rolle des Helden in einem Film zu spielen war für mich nicht interessant, sondern interessant war es für mich anstelle des Helden zu sprechen.“
Changiz Jalilvand spricht anstelle von Marlon Brando in dem Film "Viva Zapata":
Ein wichtiger Bestandteil des Rollenspiels in einem Film ist die Stimme. Jalilvand hat anstelle von vielen Darstellern des iranischen und des Weltkinos gesprochen. Er gilt unter den Kennern der Synchronisierung als Meister dieser Kunst. Seine Stimme war besonders für die Synchronisierung von rohen Charakteren gefragt. Für jede Gestalt entwickelte er eine eigene typische Stimme.

Changiz Jalilvand hat in fast 4 tausend iranischen und ausländischen Filmen anstelle der Schauspieler gesprochen und er hat die Synchronisierung von fast 1000 Filmen geleitet. Jalilvand hat für Marlon Brando, Paul Newmann, Richard Burton, Burt Lancester und Thomas Sean Connery gesprochen. In 24 Filmen hat er die Stimme von Lancester, in 17 Filmen die von Paul Newman und in 12 Filmen die von Marlon Brando ersetzt und er sprach in 13 Filmen anstelle von Richard Burton. Seine Stimme wurde 13 mal in Filmen mit Salman Khan und 14 mal in Filmen mit Sean Connery eingesetzt. Die iranischen Freunde des Weltkinos kennen seine Stimme auch von Filmen mit Kirk Douglas, Clint Eastwood, John Wayne, Gregory Peck, Robert de Niro und Clark Gable her.
Jalilvand hat auch anstelle von bekannten iranischen Kinogrößen wie Ezzatullah Entezami, Dschamschid Mashayekhi und Said Rad und vielen anderen gesprochen. Er war nicht nur in der Synchronisierungsabteilung tätig sondern hat auch in mehreren Fernsehserien und in Kinofilmen gespielt.
Changiz Jalilvand spricht anstelle von Steve McQueen in dem Film "The Great Escape"
Changiz Jalilvard steckte voller Eifer und war sehr aktiv und selbstbewusst. Akbar Manani, ein anderer erfolgreicher Synchronsprecher Irans sagt über ihn: „Einer unserer wahren Größen der Kunst der Synchronisation ist gestorben. Er gehörte zu den 10 außergewöhnlichen Sprechern der Synchronisation und seine Synchronisationsarbeiten zählen zu den Meisterwerken der visuellen Welt. Keine Rolle, in der er gesprochen hat, wird verlorengehen und jede dieser Synchronisationen zeugt für die hervorragende Qualität seiner Stimme und seiner Sprechkunst. Zugleich war er ein sehr freundlicher und großzügiger Mensch. Es dauert einige Jahren bis wieder ein Künstler wie er sich herangebildet hat.“
Zu den Werken, mit denen Jalilvard in Erinnerung bleiben wird, gehört eine Audio Serie namens Modschezeh (Wunder). Diese umfasst die Rezitation des Korans in Begleitung der Koranübersetzung von Frau Tahereh Safarzadeh ins Persische. Die Serie ist als DVD und als Smartphone-Anwendung erhältlich. Die Audio Serie umfasst 30 CD und es wurden circa 5 Millionen Exemplare davon erstellt. Das Album wird von verschiedenen Instituten in anderen Ländern angeboten. Die Rezitation ist von Saad Alghamdi aus Dammam in Saudi-Arabien und die Übertragung ins Persische durch die verstorbene Übersetzerin Tahereh Safarzadeh wird von Changiz Jalilvand zusammen mit anderen bekannten Sprechern vorgetragen.
Der letzte Auftritt Changiz Jalilvand war sein Rollenspiel in der Fernsehserie Salman Farsi in Gestalt von Vater Clement, dem Erzbischof der Großkirche von Konstantinopel. Diese Serie, welche Davud Mirbaqeri dreht, ist eine Verfilmung der Biografie des iranischen Prophetengefährten Salman Farsi. Die Dreharbeiten sind noch nicht abgeschlossen.

Zwei Tage nach dem Weggang von Jalilvand ist auch der bekannte iranische Regisseur und Regiebuchautor Kambuzia Partovi am 24. November in Teheran an Corona verstorben. Er war zwei Wochen vorher ins Krankenhaus aufgenommen worden, weil ihm eine Herzoperation bevorstand. Da er sich jedoch mit Covid 19 infizierte hatte, verschlimmerte sich sein Zustand und er verstarb.
Partovi wurde 1955 in Rascht, der Provinzzentrale des nordiranischen Gilans, geboren. Er hat an der Fakultät für Film und Theater studiert, doch auf halben Weg brach er das Studium ab und begann Filme zu drehen. Partovi übernahm die Regie für einige kurze Dokumentar- und Erzählfilme fürs Fernsehen. Für seinen Film „Mahi“ (der Fisch) erhielt er vom Giffoni Filmfestival in Italien den ersten Preis für den besten Film und wurde auf den Berliner Filmfestspielen mit dem UNICEF-Preis ausgezeichnet. Ebenso wurde dieser Film von dem Adelaide-Filmfestival in Australien als der beste Film preisgekrönt.
Partovi gewann mit seinen Werken noch andere Preise auf ausländischen Festivals, zum Beispiel in Spanien und in Dakka, Bangladesch. Ihm wurde außerdem der FIPRESCI Preis der internationalen Vereinigung von Filmkritikern und Filmjournalisten (Fédération Internationale de la Presse Cinématographique) verliehen. Dieser iranische Regisseur und Drehbuchautor kandidierte zudem für den goldenen Hugo der Internationalen Filmfestspiele von Chicago und im Jahre 2005 für den goldenen Ballon des Drei-Kontinente-Festivals im französischen Nantes. Auf dem iranischen Filmfestival „Haus des Kinos“ wurde er zweimal für das beste Drehbuch ausgezeichnet und zwar für die Filme „Qat`eh natamam“ (unvollendetes Lied) von Maziar Miri und Café Transit.

Zu den bekanntesten Werken von Kambuzia Partovi als Regisseur gehören neben dem Film „der Fisch“ die Filme „Golnar“, „Spiel der Erwachsenen“, „Café Transit“ und „Lastwagen“. Partovi hat auch als Berater für Regiebücher gewirkt. Bei den Dreharbeiten des bekannten Filmes „Wo ist das Haus meines Freundes?“ von Abbas Kiarostami hat er mit diesem erfolgreichen Regisseur zusammengearbeitet.
Nach Ansicht von Filmkritikern ist der Film „Café Transit“ das bedeutendste Werk von Kambuzia Partovi gewesen. Das Regiebuch hat er selber geschrieben. Partovi hält übrigens den Rekord der Preisverleihung für das beste Regimebuch bei den Fadschr-Filmfestspielen im Iran. Er hat bei vier Festivalrunden dieser Filmfestspiele jedes Mal den kristallenen Simorgh für das beste Regiebuch für sich bestimmt.
Der letzte Film von Partovi ist der Film „Lastwagen“ gewesen. Er ist noch nicht über die Kinoleinwand gegangen. Die Filmgeschichte handelt von einem kurdischen Lastwagenfahrer, der eine junge jesidische Frau aus dem irakischen Kurdistan zusammen mit ihrem Schwager einsteigen lässt damit sie sich ihrem Ehemann, der in Teheran ist, anschließt. Der Film beginnt mit einer Szene der Massaker, welche die IS-Terrorbande unter den Jesiden angerichtet hat und damit wird indirekt deutlich, weshalb diese junge Frau das Land verlassen und zu ihrem Ehemann nach Teheran will. Der 13-jährige Bruder ihres Mannes und sie besteigen den Lkw an einer der Verbindungsstraße von Erbil im Irak. Von dort aus beginnt ihre Reise zur Hauptstadt Irans. Dieser Film wurde auf dem 36. Fadschr-Filmfestival mit dem ersten Preis für das beste Regiebuch ausgezeichnet.

2014 wurde nach mehreren Jahren der Film Mohammad Rasulullah von Madschid Madschidi vorgestellt. Allein schon die Recherchen für diesen Film haben drei Jahre gedauert. Islamische Gelehrte und bekannte Vorbilder der Nachahmung wurden hinsichtlich der historisch authentischen Quellen und religiöser Inhalte befragt. Madschid Madschidi beauftragte Partovi damit, das Regiebuch für dieses wertvolle Filmwerk zu verfassen. Kambuzia Partovi eignete sich gut für diese Aufgabe, denn der Film Mohammad Rasullulah handelt von der Kindheit des Propheten Mohammad (S)und Kambuzia Partovi besaß eine gute Erfahrung als Drehbuchautor für Jugend- und Kinderkino.
Das Regiebuch zu diesem Film, der das freundliche und gütige Wesen Mohammads (S)vorstellt, ist ein gutes Beispiel für das Können von Partovi und seine Ehrerbietung für den Propheten des Islams.

Madschid Madschidi hat in einer Beileidsnote zum Tode von Kambuzia Partovi geschrieben: „Ich war sehr bekümmert als ich erfuhr, dass Kambuzia Partovi die Welt verlassen hat, denn erstens hat er uns sehr früh verlassen und zweitens hat er in diesen wenigen Jahren wegen seiner Krankheit keine gute Zeit gehabt und was noch schlimmer ist: Wir bringen in schlimmen Zeiten zu, wo wir ihn noch nicht einmal angemessen zu seiner ewigen Stätte begleiten können.“
Damit hat Madschidi leider Recht. Corona hat diese beiden Künstler und weitere geschätzte Gesichter der Künstlergesellschaft im Iran und auf der Welt dahingerafft und viele in Trauer zurückgelassen. Aber wir glauben und wissen, dass die wertvollen Werke von Künstlern wie Partovi und Jalilvand nicht von ihren Freunden vergessen werden. Ihre Seele möge in Frieden Ruhe.